Zum Leserbrief „Es gilt die Unschuldsvermutung“

Zum Leserbrief „Es gilt die Unschuldsvermutung“

Den am Mittwoch, 25.05.2023 veröffentlichten Leserbrief fanden wir sehr hilfreich. Zeigt er doch, dass weniger Informationen in der Bevölkerung ankommen, als bisher gedacht. Deshalb besteht offensichtlich ein großer Bedarf wichtige, nachprüfbare Fakten nachzureichen, um mit Halbwahrheiten und Gerüchte aufzuräumen.

Die Vorgehensweise des Bürgermeisters bei der Einstellung eines vormaligen Bauhofmitarbeiters steht berechtigterweise in der Kritik. Der Bürgermeister hat das bewusste Hintergehen von Gemeindevorstand und Gemeindevertretung bereits in mehreren Sitzungen eingeräumt. Insofern greift der Hinweis auf die Unschuldsvermutung an dieser Stelle nicht. Außerdem ist dazu in der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) §70 zu lesen: “Der Bürgermeister bereitet die Beschlüsse des Gemeindevorstandes vor und führt sie aus, soweit nicht Beigeordnete mit der Ausführung beauftragt sind. Er leitet und beaufsichtigt den Geschäftsgang der gesamten Verwaltung und sorgt für den geregelten Ablauf der Verwaltungsgeschäfte.“

Von dem Unternehmen Schneider & Zajonz Consult wurde im Jahr 2021 eine Organisationsuntersuchung der Verwaltung sowie eine Stellenbewertung durchgeführt. Sämtliche Aufgaben, ihre Erledigung und die notwendigen Personalbedarfe wurden überprüft. Am 27. Januar 2022 wurde dazu in der Sitzung der Gemeindevertretung das Ergebnis präsentiert. „In der Finanzabteilung besteht ein Personalüberhang. Im Großen und Ganzen passt die Personalstärke zu den zu erledigenden Aufgaben. Es wurde kein Bedarf für die Schaffung einer zusätzlichen Stelle festgestellt. Die Maßnahmen für den Stellenplan wurden bereits bei dessen Verabschiedung im Dezember 2021 umgesetzt. Bis heute liegt der Gemeindevertretung keine nachvollziehbare Information vor, weshalb die Beurteilung des Fachunternehmens in diesem Punkt nicht anerkannt wird. Weiterhin liegt auch zur Notwendigkeit der zusätzlichen Stelle keine nachvollziehbare Information vor. Sowohl beim Haushalts-, beim Investitions- und erst recht beim Stellenplan der Gemeinde geht es aber um nachprüfbare Fakten und diese fehlen bis heute.

Zum Bewegungsparcours und zum Bau eines Winterrasenplatzes ist festzuhalten, dass die Planungen mehrfach verändert wurden, was zu erheblichen Mehrkosten führte. Zudem wurde festgestellt, dass das beauftragte Büro überhaupt keinen Winterrasenplatz angeboten hatte, sondern einfach einen zweiten Rasenplatz. Deshalb wurde ein Fachmann für Winterrasenplätze hinzugezogen. Von Gutachten und Gegengutachten kann deshalb keine Rede sein. Vielmehr muss die Frage erlaubt sein, weshalb dem Projektverantwortlichen diese Ungereimtheiten nicht aufgefallen sind? Die Gemeindevertretung hat am 11.04.2022 beschlossen, dass der Winterrasenplatz auf der Grundlage des eingeschalteten Sachverständigenbüros gebaut werden soll. Danach soll dieses Büro über mehrere Monate lang nicht telefonisch erreichbar gewesen sein. Am 18.10. teilte der Bürgermeister auf Nachfrage dazu mit, dass die Ausschreibungsunterlagen fertiggestellt sind und die Förderung nochmals überprüft werden muss. Am 06.02.2023 teil der Bürgermeister auf Nachfrage mit, dass der Förderbescheid jetzt vorliegt und die Ausschreibung durch die beteiligten Fachbüros vorgenommen werde.

Für einen möglichen Ausbau des Joseph-Peter-Audebert-Weges wurde ein Planungsauftrag in Höhe von rund 23.000€ vergeben. Dies geschah ohne Zutun der Gemeindevertretung und alleine auf Antrag des Bürgermeisters. Erst nachdem die teure Planung vorgestellt war, wurden die Bürger nach ihrer Meinung gefragt. Diese sprachen sich mehrheitlich gegen einen Ausbau aus. Daraus ergeben sich zwei Fragen: Was wirft man jetzt der Gemeindevertretung vor, die weder mit dem Auftrag noch mit der Auftragsvergabe etwas zu tun hatte? Weshalb wird bei der Frage nach einem Ausbau des Joseph-Peter-Audebert-Weges die Mehrheitsmeinung der Anwohner akzeptiert, während sie beim Ausbau der Kornstraße oder beim Baugebiet „Am Bibliser Weg III“ ganz offensichtlich keine Rolle spielte?

Ein gewähltes Gemeindeparlament, das über alle Einnahmen und Ausgaben sowie über die Erhebung von Steuern und Abgaben zu entscheiden hat, muss nun einmal alle Argumente pro und contra abwägen. Dafür sind die Gemeindevertreter gewählt worden und diese Verantwortung kann ihnen niemand abnehmen. Wenn Beschlüsse der Gemeindevertretung fehlerhaft oder gar nicht umgesetzt werden und wenn die Ausgaben aus dem Ruder zu laufen drohen, dann ist es laut Hessischer Gemeindeordnung die Pflicht der Gemeindevertreter solche Vorgänge zu hinterfragen und nachvollziehbare Antworten zu erhalten. Der interessierte Bürger sollte sich in den Sitzungen der Gremien immer selbst eine Meinung bilden und die Argumente anhören. Sich alleine aus Erzählungen oder einseitigen Berichten zu informieren wird der Wahrheit nicht gerecht.  

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